Vorhang auf!

Neue Bilder unserer
Tora-Vorhänge

Im Okto­ber 2022 liess das Kura­to­ren-Team des Jüdi­schen Muse­ums 21 his­to­ri­sche Tora-Vor­hän­ge aus der Samm­lung in der Foto­werk­statt der Hoch­schu­le für Gestal­tung und Kunst FHNW fotografieren.

Der Tora-Vor­hang (Paro­chet, hebrä­isch: פרכת) ist ein Zere­mo­ni­al­ob­jekt und wird in Syn­ago­gen vor den Tora-Schrein gehängt, der die Tora-Rol­len bewahrt. Sei­ne hebräi­sche Bezeich­nung weist auf den Vor­hang hin, der im bibli­schen Hei­lig­tum den sakra­len Raum vom Aller­hei­ligs­ten trenn­te. In den meis­ten Syn­ago­gen ist die oft reich ver­zier­te Tex­ti­lie der visu­el­le Anzie­hungs­punkt. So steht im Zen­trum des Tora-Vor­hangs seit dem 17. und 18. Jahr­hun­dert häu­fig die Inschrift כת (Abkür­zung für Keter Tora, deutsch: Kro­ne der Tora).

Unter den Judai­ca in unse­rer Samm­lung sind die Tora-Vor­hän­ge von beson­de­rer Bedeu­tung, weil sie die ansons­ten spär­lich doku­men­tier­te Geschich­te von jüdi­schen Frau­en erzäh­len kön­nen. Nicht nur Schnei­der und Sti­cker schu­fen reprä­sen­ta­ti­ve Stü­cke, auch Jüdin­nen ver­ar­bei­te­ten bestehen­de Tex­ti­li­en zu Kult­ge­gen­stän­den wei­ter. Sie nutz­ten dazu kost­ba­re Sei­den­stof­fe aus zwei­ter, drit­ter oder vier­ter Hand, die vor­her als Klei­der bei beson­de­ren Lebens­er­eig­nis­se zum Ein­satz gekom­men waren, zum Bei­spiel als Braut­klei­der. Eini­ge Tora-Vor­hän­ge, die sich in der Samm­lung des Jüdi­schen Muse­ums befin­den, las­sen durch sicht­ba­re Näh­te Spu­ren ihrer ehe­ma­li­gen Ver­wen­dung erken­nen. Die Her­kunft der Stof­fe ver­rät Details über das dama­li­ge Han­dels­netz sowie die Rol­le des Kul­tes, für den die schöns­ten Stof­fe ein­ge­setzt wur­den. In den Land­ge­mein­den Endin­gen und Len­gnau leb­ten Jüdin­nen und Juden im 18. und 19. Jahr­hun­dert vom Gebraucht­wa­ren­han­del und trans­por­tier­ten neben Gütern, Moti­ven und Mus­tern auch Spra­che und Kul­tur über regio­na­le Grenzen.

Auch in den urba­nen jüdi­schen Gemein­den spen­de­ten Gönner:innen Tex­ti­li­en für den Kult. Ihre Namen sind in Inschrif­ten ent­hal­ten. Zwei Exem­pla­re wur­den von den jüdi­schen Künst­le­rin­nen Régine Heim und Susi Gug­gen­heim-Weil ent­wor­fen. Bei­de gin­gen in den 1960er Jah­ren in der Gestal­tung von Zere­mo­ni­al­ob­jek­ten neue Wege, indem sie moder­ne Mate­ria­li­en und ein indi­vi­du­el­les For­men­re­per­toire einführten.

Aus den schöns­ten Auf­nah­men unse­rer Tora-Vor­hän­ge ent­stand ein Post­kar­ten­buch, das ihre Viel­falt doku­men­tiert und in unse­rem Shop erhält­lich ist. In unse­rem online-Samm­lungs­ka­ta­log wer­den die ein­zel­nen Tora-Vor­hän­ge aus­ser­dem mit Datie­rung und Orts­be­zug abge­bil­det. Die unzäh­li­gen Detail­auf­nah­men der Tora-Vor­hän­ge wer­den für ihre künf­ti­ge Erfor­schung von gros­sem Nut­zen sein.

Am Pro­jekt zur Doku­men­ta­ti­on und Ver­mitt­lung der Tora-Vor­hän­ge waren neben unse­rer Samm­lungs­ku­ra­to­rin Chris­ti­na Meri auch Elwira Spy­chals­ka, Adi­na Feigel und Cor­ne­lia Lang beteiligt.

 

verfasst am 02.01.2023