Rosa Solomin, Staatsarchiv Basel-Stadt: PD Reg3a 29808.

Stolpersteinverlegung

in Erinnerung an
Rosa Solomin
22. Oktober 2024
11:00 Uhr

Autor: Gabri­el Heim

Am Diens­tag, 22. Okto­ber, um 11:00 Uhr wird vor dem Jüdi­schen Muse­um der Schweiz, Korn­haus­gas­se 8, 4051 Basel, ein Stol­per­stein in Erin­ne­rung an Rosa Solo­min ver­legt, die im Jahr 1944 an die­ser Adres­se lebte.

Rosa Fuchs reist am 25. Juli 1938 von Wien her­kom­mend «völ­lig legal und loy­al, wie sie spä­ter einer Freun­din schrei­ben wird, in die Schweiz ein. In Basel hat sie sich mit ihrem Ver­lob­ten, dem Wie­ner Radio­händ­ler Hein­rich Solo­min ver­ab­re­det. Die Schweiz soll­te ihre Zwi­schen­sta­ti­on für die Wei­ter­rei­se wer­den.  Um die­se zu erleich­tern, hei­ra­ten Rosa und Hein­rich im August 1938 in Basel. Rosa Fuchs war als behü­te­te Toch­ter einer weit­läu­fi­gen Fami­lie in Wien auf­ge­wach­sen. Ihre fünf Geschwis­ter, konn­ten sich nach den USA und Paläs­ti­na in die Emi­gra­ti­on ret­ten. Die betag­ten Eltern ver­blei­ben in Wien. Rosa lei­det schon früh unter der Tren­nung und dem «Emi­gran­ten­schick­sal».  So beschreibt sie ihren All­tag im Lager­be­trieb des Bas­ler Som­mer­ca­si­nos als «meist recht grob, da dort ein depri­mie­ren­der Ver­kehr unter den Emi­gran­ten herr­sche.»  Das jun­ge Paar ist bei­na­he mit­tel­los ein­ge­reist und wird von der Jüdi­schen Für­sor­ge in Basel unter­stützt, der­weil der Auf­ent­halt jeweils um weni­ge Mona­te erstreckt wird. Nach dem alle Hoff­nun­gen auf eine Emi­gra­ti­on in ein Dritt­land aus­ge­schöpft sind, ver­fes­tigt sich ihr Leben der Inter­nie­rung und des War­tens. Im Novem­ber 1941 kommt ein Brief von Rosa an ihre Eltern mit dem Ver­merk retour: Abge­reist nach Polen. Die­se Nach­richt wird einen lan­gen Schat­ten auf ihr Leben wer­fen. Eine Woche dar­auf wird Rosa Solo­min für drei Mona­te in die Bas­ler Heil- und Pfle­ge­an­stalt Fried­matt ein­ge­lie­fert. Dia­gno­se: Depres­si­on einer Emi­gran­tin. Obwohl Rosa unter schwe­ren Schlaf- und Ess­stö­run­gen lei­det, bringt sie im Som­mer 1943 eine Toch­ter zur Welt. Für kur­ze Zeit hellt sich ihr Leben auf und auch die Lebens­be­din­gun­gen ver­bes­sern sich. Doch Rosas Zustand ver­schlech­tert sich offen­bar wie­der. Am 23. August 1944 wird Rosa um ein Uhr nachts «ziel­los an der Lan­des­gren­ze umher­ir­rend» von der Poli­zei auf­ge­grif­fen. Dies­mal wird sie unmit­tel­bar in die «Fried­matt» ein­ge­lie­fert. In der geschlos­se­nen Abtei­lung der Anstalt ver­schlech­tert sich ihr Zustand von Jahr zu Jahr. Ihr Kind wird einer Pfle­ge­fa­mi­lie über­ge­ben. Noch schreibt sie ihrem Mann Brie­fe: «Ich bin hier, weil kein Heim da war und kei­ne Exis­tenz oder: «Ich möch­te ger­ne nach Paris und ein­mal allei­ne für mich sein und mich nicht immer durch ande­re irre­füh­ren las­sen.» Den­noch gilt sie als unheil­bar. Hein­rich Solo­min lässt sich schei­den und baut sich eine neue Exis­tenz auf. Rosa hin­ge­gen ist an der Emi­gra­ti­on zer­bro­chen. Im Febru­ar 1950 stellt die Zen­tral­stel­le für Flücht­lings­hil­fe einen Antrag auf Dau­er­asyl für Rosa Solo­min. Das Anlie­gen alar­miert die Bas­ler Behör­den, die sich gegen den Antrag stel­len. Rosa Solo­min soll dort­hin zurück, von wo sie 1938 ein­ge­reist war, nach Öster­reich. Was für alle Emi­gran­ten damals galt, näm­lich die Unzu­mut­bar­keit einer Wei­ter­rei­se oder gar Aus­schaf­fung in das Land ihrer Ver­fol­ger, soll­te für die wehr­lo­se Insas­sin der Fried­matt nicht gel­ten. Am 24. Febru­ar 1951 wird Rosa Solo­min bei Schaan­wald den «Öster­rei­chi­schen Orga­nen» über­ge­ben. Rosa Solo­min wird noch 26 Jah­re im Lan­des­ner­ven­kran­ken­haus Valduna (Vor­arl­berg) ein­ge­schlos­sen blei­ben, einer Insti­tu­ti­on vor der der Schwei­ze­ri­sche Kon­sul in Bre­genz noch 1959 warn­te, kei­ne Schwei­zer Pati­en­ten dahin zu ver­le­gen, denn die Kli­nik sei ein «ver­ru­fe­nes Haus». Da hat­te die Fra­ge nach der Zumut­bar­keit schon längst eine ande­re Bedeutung.

 

 

 

 

verfasst am 07.10.2024