Holzbehälter, Zigarettenhalter mit Darstellung von Abschaloms Grab, um 1950, Jerusalem, JMS 1246.

Besamim-Büchse Gewürzdose), 1900-1930, Jerusalem, JMS 1205.

Blumen-Album in Holzeinband mit Intarsienarbeit, 1910-1920, Jerusalem, JMS 1339.

Besamim-Büchse (Gewürzdose) mit geschnitzter Darstellung der Klagermauer und der Königsgräber in der Davidsstadt, Souvenir aus Palästina, 1900-1950, Jerusalem, JMS 772.

«Jüdische Siedler investierten in das Pflanzen von Bäumen»

Netta Cohen über die zionistische Haltung
zum Klima

Die Samm­lung des Jüdi­schen Muse­ums umfasst eine Grup­pe von Holz­ob­jek­ten aus dem osma­ni­schen Paläs­ti­na und dem Man­dats­ge­biet Paläs­ti­na, dar­un­ter Gewürz­do­sen und Blu­men­al­ben. Die­se Sou­ve­nirs zeu­gen vom Inter­es­se der frü­hen Zio­nis­ten an Baum­pflan­zun­gen und Öko­lo­gie. Muse­ums­di­rek­to­rin Nao­mi Lubrich kor­re­spon­dier­te mit Net­ta Cohen, einer Juni­or Rese­arch Fel­low am Christ Church Col­lege der Uni­ver­si­tät Oxford, über die zio­nis­ti­schen Auf­fors­tungs­pro­jek­te, die sie in ihrem jüngs­ten Buch New Under the Sun: Ear­ly Zio­nist Encoun­ters with the Cli­ma­te in Pal­es­ti­ne beschreibt.

Nao­mi Lubrich: Lie­be Net­ta, Sie unter­su­chen die frü­he zio­nis­ti­sche Ein­stel­lung zum Kli­ma. War­um war das Pflan­zen von Bäu­men für Jüdin­nen und Juden in Paläs­ti­na so wichtig?

Net­ta Cohen: Jüdi­sche Sied­ler inves­tier­ten aus natio­na­len, kul­tu­rel­len, wirt­schaft­li­chen und öko­lo­gi­schen Grün­den in das Pflan­zen von Bäu­men. Zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts war ihre Moti­va­ti­on zunächst wirt­schaft­li­cher Natur; sie woll­ten Obst­bäu­me anbau­en. Ab 1912 ging der Jüdi­sche Natio­nal­fonds (JNF) jedoch dazu über, wider­stands­fä­hi­ge, nicht frucht­tra­gen­de Bäu­me wie Pini­en und Zypres­sen zu pflan­zen, ins­be­son­de­re auf fel­si­gen, für die Land­wirt­schaft unge­eig­ne­ten Böden. Er reagier­te damit auf die osma­ni­sche Gesetz­ge­bung, die unkul­ti­vier­tes Land zum Staats­ei­gen­tum erklär­te. Die Baum­pflan­zun­gen tru­gen somit zur Aus­deh­nung der ‹jüdi­schen Gren­ze› in Paläs­ti­na bei.

Ein wei­te­rer Grund waren die bibli­schen Beschrei­bun­gen des Lan­des in der jüdisch-christ­li­chen Tra­di­ti­on. Vie­le euro­päi­sche Juden und Chris­ten in Paläs­ti­na glaub­ten, dass die Hei­li­ge Schrift ‹ursprüng­li­che› Land­schaf­ten beschrei­be, und wünsch­ten sich die Wie­der­her­stel­lung der üppi­gen Wäl­der, von denen sie glaub­ten, dass sie dort existierten.

Schliess­lich woll­ten die Zio­nis­ten auch das loka­le Kli­ma ‹ver­bes­sern›. Im spä­ten 19. Jahr­hun­dert gal­ten Wüs­ten und Halb­tro­cken­ge­bie­te nicht als natür­li­che Öko­sys­te­me, die durch all­ge­mei­ne Ver­nach­läs­si­gung ent­stan­den waren. Eine gän­gi­ge Lösung bestand dar­in, Bäu­me zu pflan­zen, um Schat­ten zu spen­den, das Vor­drin­gen der Sand­dü­nen auf­zu­hal­ten und die Boden­ero­si­on zu verhindern.

NL: Wie ent­schie­den Bota­ni­ker und Land­wirt­schafts­exper­ten, wel­che Bäu­me gepflanzt wer­den sollten?

NC: Zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts bestand die Flo­ra Paläs­ti­nas haupt­säch­lich aus Mac­chia und Gar­ri­gue, Sträu­chern und klei­nen Eichen. Weder die Bri­ten noch die Zio­nis­ten waren jedoch beson­ders an der ‹ursprüng­li­chen› Flo­ra des Lan­des inter­es­siert oder mit ihr ver­traut. Statt­des­sen brach­ten sie Bäu­me nach Paläs­ti­na, die dort zuvor nicht gewach­sen waren. Die in Euro­pa aus­ge­bil­de­ten jüdi­schen Sied­ler impor­tier­ten eini­ge Pflan­zen und Tie­re, die sie aus west­li­chen Län­dern kann­ten. Oder sie kon­sul­tier­ten ande­re euro­päi­sche Sied­ler, die in wär­me­ren Regio­nen leb­ten, und brach­ten Pflan­zen aus Tune­si­en, Aus­tra­li­en, Neu­see­land und Kali­for­ni­en nach Palästina.

So wur­de der ers­te gros­se Wald Paläs­ti­nas zwi­schen 1895 und 1899 von der Roth­schild Deve­lo­p­ment Agen­cy und der Pal­es­ti­ne Jewish Colo­niza­ti­on Asso­cia­ti­on in Hade­ra gepflanzt. Das Pro­jekt dien­te ursprüng­lich der Tro­cken­le­gung von Sümp­fen. Die Ent­wick­ler kauf­ten 250.000 Euka­lyp­tus­sa­men aus Alge­ri­en, wo fran­zö­si­sche Sied­ler gros­se Euka­lyp­tus­wäl­der ange­legt hat­ten. In den 1920er Jah­ren wur­den die bis dahin domi­nie­ren­den Euka­lyp­tus­bäu­me durch Kie­fern ersetzt. Die Kie­fern waren wider­stands­fä­hig, wuch­sen rela­tiv schnell und schu­fen ein deut­lich euro­päi­sches Landschaftsbild.

NL: Wel­che Bedeu­tung hat­te das Olivenholz?

NC: Die Oli­ve ist mit 66 Erwäh­nun­gen (48 in der Hebräi­schen Bibel, 12 in der Christ­li­chen Bibel und 7 im Koran) eine der am häu­figs­ten erwähn­ten Früch­te in den hei­li­gen Schrif­ten der drei mono­the­is­ti­schen Reli­gio­nen. Paläo­bo­ta­ni­sche und archäo­lo­gi­sche Unter­su­chun­gen zei­gen, dass Oli­ven­öl im öst­li­chen Mit­tel­meer­raum seit der spä­ten Vor­ge­schich­te ein Grund­nah­rungs­mit­tel war. In der Anti­ke wur­de Oli­ven­öl zum Kochen, als Sal­be und als Brenn­stoff für Lam­pen ver­wen­det. Jahr­hun­der­te­lang war es ein wert­vol­les Han­dels­gut in der Regi­on. Ab dem 16. Jahr­hun­dert zahl­ten die paläs­ti­nen­si­schen Dör­fer ihre Steu­ern an die osma­ni­schen Behör­den häu­fig in Fäs­sern mit Oli­ven­öl. Ein noch heu­te gebräuch­li­ches ara­bi­sches Sprich­wort lau­tet: «Wer Öl hat, wird nie arm sein». Das ara­bi­sche Wort für Öl ist ‹zayt› und Oli­ve ‹zay­tun›  was zeigt, wie tief Oli­ven­öl in der ara­bi­schen Kul­tur und Küche ver­wur­zelt ist. Der Über­fluss an Oli­ven­öl in Paläs­ti­na mach­te es ab dem spä­ten 18. Jahr­hun­dert zu einem der wich­tigs­ten Export­gü­ter des Lan­des, ins­be­son­de­re aus Jabal Nab­lus und den umlie­gen­den Dörfern.

In der jüdi­schen Tra­di­ti­on sym­bo­li­siert das Oli­ven­öl seit Jahr­hun­der­ten die Ver­bin­dung zwi­schen dem jüdi­schen Volk und dem Land Isra­el. Das Cha­nuk­ka-Fest, das das Licht preist und das Öl ehrt, wird im Dezem­ber gefei­ert, unmit­tel­bar nach der Oli­ven­ern­te, wenn die jähr­li­che Ölpro­duk­ti­on beginnt. Im Lau­fe der Jahr­hun­der­te hat sich die sym­bo­li­sche Bedeu­tung des Oli­ven­öls im Juden­tum von der land­wirt­schaft­li­chen Rea­li­tät ent­fernt. Obwohl das zio­nis­ti­sche Pro­jekt die Land­wirt­schaft in Paläs­ti­na erneu­ern woll­te, indem es auch die alten bibli­schen Feld­früch­te ver­herr­lich­te, hat es die­se Rea­li­tät nicht wesent­lich ver­än­dert. Wäh­rend des gröss­ten Teils des 20. Jahr­hun­derts zeig­ten die jüdi­schen Israe­lis nur wenig Inter­es­se am Anbau von Oli­ven­bäu­men und an der Pro­duk­ti­on und dem Ver­brauch von Oli­ven­öl. Dies änder­te sich erst in den spä­ten 1990er Jah­ren, als neue gesund­heit­li­che und kuli­na­ri­sche Trends aufkamen.

NL: Was wis­sen wir über den frü­hen Wis­sens­aus­tausch mit der loka­len Bevöl­ke­rung im Bereich der Landwirtschaft?

NC: In der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts igno­rier­ten jüdi­sche Land­wir­te und Agrar­ex­per­ten häu­fig loka­le Prak­ti­ken zuguns­ten des­sen, was sie als fort­schritt­li­che west­li­che Agrar­wis­sen­schaft und ‑tech­no­lo­gie ansa­hen. Wenn sie loka­le Anbau­me­tho­den stu­dier­ten, eig­ne­ten sie sich die­se oft an und bezeich­ne­ten sie als alt oder biblisch. Die ara­bi­schen und bedui­ni­schen Bau­ern, die so genann­ten Fall­a­hin, nutz­ten bei­spiels­wei­se jahr­hun­der­te­lang Tau zur Bewäs­se­rung ihrer Fel­der als Tro­cken­an­bau­tech­nik. Tau war beson­ders effek­tiv beim Anbau von Was­ser­me­lo­nen und Sorg­hum, die im Som­mer wach­sen. Jüdi­sche Exper­ten stell­ten die­se Tech­nik jedoch als Wie­der­be­le­bung einer alten bibli­schen Pra­xis dar, die der zio­nis­ti­schen Ideo­lo­gie ent­sprach. Einer der wich­tigs­ten jüdi­schen Befür­wor­ter des Ein­sat­zes von Tau in der Land­wirt­schaft war Shi­mon Duv­de­va­ni, ein jüdi­scher Bio­lo­ge und Leh­rer an der land­wirt­schaft­li­chen Schu­le von Par­des Han­na. Zwi­schen 1936 und 1943 errich­te­te Duv­de­va­ni nicht weni­ger als 80 Tau-Sta­tio­nen in Paläs­ti­na. Sei­ne wis­sen­schaft­li­chen Arbei­ten zu die­sem The­ma erreg­ten die Auf­merk­sam­keit bri­ti­scher Exper­ten im gesam­ten Empire. Ein Arti­kel über Duv­de­va­nis Arbeit, der im Juli 1947 in der bri­ti­schen Zeit­schrift Wea­ther erschien, sorg­te für eine wei­te Ver­brei­tung der Idee, dass die Ver­wen­dung von Tau in der Land­wirt­schaft eine alte jüdi­sche Pra­xis sei.

NL: Lie­be Net­ta, herz­li­chen Dank für die­se Ein­bli­cke in eine längst ver­gan­ge­ne Zeit!

verfasst am 19.08.2024